Spannende Symbole für Deutschland und Europa

Exkursion von VHS und Historischer Verein in die Pfalz

Die traditionelle Jahresfahrt von VHS und Historischem Verein Zell  steuerte heuer zwei symbolträchtige historische Ziele in der Pfalz an: Die Reichsburg Trifels und das Hambacher Schloss.

Etwas von dem winterlich kalt-zugigen “Wohngefühl“ einer mittelalterlichen Bergfeste durchschauerte die Teilnehmer, als der Annweiler Geschichtslehrer Helmut Schlieger von den Trifelsfreunden   die Entstehung und Geschichte der Burg Trifels  vor Ort erläuterte.  Ja,  es fing sogar an zu schneien, so dass man sich im weiteren Verlauf nur zu gerne in das – allerdings auch  nicht beheizte – Innere der Burg aufmachte, um anhand von Modellen die Entstehungsphasen nachvollziehen zu können .  Beeindruckend war zwar schon der unter den Nazis zur mächtigen Festhalle umfunktionierte Palas, aber man nahm auch zur Kenntnis,  dass solche dem Zeitgeist folgenden Umbauten berechtigt als  ahistorisch einzuschätzen sind.

Die hingegen genau nach den Originalen auf der Wiener Hofburg als Replikate hergestellten  Reichskleinodien waren dann in effektvoller Beleuchtung in der Kapelle der Burg zu bewundern, eindrucksvolle Zeugnisse der mittelalterlichen Reichsgeschichte, die bei der Kaiserkrönung getragen wurden . Das Reisekaisertum benötigte einen solch sicheren Tresor für  die Symbole der Kaisermacht :  diese  auf riesigem Felsklotz  thronende,  uneinnehmbare Burg.  Der Burgführer bewies in allen Aspekten dieser Anlage seine profunde Kenntnis , auch bei seinem Bericht über die neusten Forschungen  zur Gefangenschaft des englischen Königs Richard Löwenherz auf der Burg. Historiker Schlieger hatte  bei der letztjährigen Ausstellung  „Richard Löwenherz“  im Speyrer Historischen Museum der Pfalz neuere Erkenntnisse und Impulse beigetragen. Die in der Burg ausliegenden Prozessakten auf Holzpulten  konnten den Besucher anregen,  sich selbst ein Urteil zu bilden über die Rechtmäßigkeit der erpresserischen Lösegeldforderung von Seiten des deutschen Kaisers.

Kennen Sie die Pfälzer Lokalspezialität „ Mademer Krebbenetz“? (= Sankt  Martiner Fleischküchle mit spezieller Würzung im Netz). Im schönsten  Pfälzer Weindorf Sankt Martin unweit der Trifels konnten sich die Teilnehmer im kuschelig warmen Restaurant Dalberg diese und weitere Pfälzer Gerichte einverleiben, und zwar , wie es sich für so eine große Gruppe mit vielen treuen Stammteilnehmern gehört, im Herzen des Dorfes in dem  ältesten Gasthaus , dem ehemaligen Wohnsitz derer  von Dalberg.

Von dort leitete sie die verschmitzt-versiert wirkende Ortsführerin Ruth Kienle durch diesen Fachwerk  – Bilderbuch – Winzerort anekdotisch und sachkundig  bis zur Buseinstiegstelle und erläuterte u.a. die sichtbaren Varianten der Fachwerkbauweise sowie ihre Rechercheergebnisse zum Gemeinde-Heiligen St. Martin, warum nämlich der Hl. Martin nur den halben Mantel dem armen Bettler verschenkte und nicht den ganzen. Wussten Sie es?  Weil die andere Hälfte dem Kaiser gehörte und er folglich diese nicht verschenken durfte.  Nach gemütlicher Mittagspause  also mit anschließendem informativ-unterhaltsamem Spaziergang durch Sankt Martin  steuerte der Bus das weitere Hauptziel der Exkursion an: 

das Hambacher Schloss. Eigentlich baugeschichtlich eher eine Burg, wie die beiden jungen Führer betonten, aber eben in der weiteren historischen Wirkungsgeschichte für uns heute vor allem ein Symbol der kräftig aufkeimenden Demokratie-  und Europäisierungsbestrebungen des Jungen Deutschland in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Selbstverständlich konnten  rund 50 lebendig gestaltete Führungsminuten nicht alle Aspekte des Hambacher Festes vermitteln. Aber es blieb schon noch Zeit, die Teile der Ausstellung zum Hambacher Fest vom 27. Mai 1832 sich noch etwa genauer anzusehen, von denen man persönlich besonders angesprochen wurde.

Die Ausstellung „Hinauf zum Schloß“  veranschaulicht nämlich  ideenreich und mit fast allen verfügbaren  und wirkungsvollen  museumsdidaktischen Mitteln jenes Fest , das als eine der Keimzellen für die Entstehung der Demokratie heute bei uns gedeutet werden kann. Beiden Führern bescheinigten die Teilnehmer ihr fühlbares Engagement für die

Thematik, dass auf diesem Berg, an diesem Ort – während jener bayerischen „Besatzungs“zeit  (=Sicht der Pfälzer Winzer) der Pfalz  –  mit „aufrührerischen“  Reden (= Sicht des bayrischen Königs) PRO Grundrechte und PRO Europa ein aussagekräftiges historisches Treffen mit nahezu 30 000 (!) Teilnehmern aus allen deutschen Kleinstaaten und mit Gästen aus ganz Europa  g e s c h a h und trotz vieler Rückschläge auf Dauer wirkungsmächtig geblieben ist, bis zum Grundgesetz und zur europäischen Gemeinschaft.

Der Dank der Teilnehmer galt abschließend dem zuverlässigen Busfahrer der Firma Schnurr,  dem Leiter der Exkursion Bertram Sandfuchs, Vorsitzender des Historischen Vereins  Zell, der die jährlichen historischen Exkursionen seit 1990 konzipiert, und vor allem auch der engagierten Organisatorin Sybille Nock von der Volkshochschule Zell.

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